Aggression steckt in jedem Lebewesen – manchmal offensichtlich, manchmal versteckt, mal näher an der Oberfläche, mal tiefer darunter. Das „Haustier“ Hund ist inzwischen vielfach zu einem Kuscheltier geworden – kein Wunder also, dass wir manchmal richtig erschrecken, wenn das Wilde in ihm zum plötzlich doch zum Vorschein kommt. Im Laufe des Erwachsenwerdens soll dein Hund lernen, seine Aggression unter Kontrolle zu halten. Deine Aufgabe ist es, ihn bestmöglich dabei zu unterstützen! Während der Pubertät durchläuft dein Hund verschiedene Phasen, in denen er sich ausprobiert – dazu gehört es nicht nur, dass er seine Kräfte an anderen Hunden misst, er wird es auch bei dir versuchen!  Wie gehst du damit um? Was ist noch erlaubt, was nicht akzeptabel? Bedenke, dass die Grenzen die dein Hund jetzt gesetzt bekommt, ebenso Richtung weisend sind wie die, die ihm nicht gesetzt werden!

Was soll und darf man also zulassen, was muss man unterbinden, um eine natürliche Entwicklung zu gewährleisten?

Versäumnisse in der Erziehung während dieser sensiblen Coming-of-Age-Phase führen zu Fehlverhalten beim erwachsenen Hund.

Aus Erfahrung kann ich allerdings sagen, dass alle Fehler auch später noch korrigierbar sind, also dranbleiben :-)!

Beim Welpen fängt es an: Im Spiel mit den Geschwistern wird gebissen und gezwickt, und das tut weh! Wenn etwas weh tut, quietscht der junge Hund, um es dem Spielgefährten mitzuteilen. Beim Wechselspiel von Austeilen und Einstecken lernt der Welpe so ganz früh eine wichtige Lektion: Wenn der Andere quietscht, ist Schluss! Das Gute daran: Wenn er selbst quietscht, lässt auch der Andere von ihm ab!

Etwas später übersiedelt der Welpe (hoffentlich nicht vor der 12. Lebenswoche!) in sein neues Zuhause.

Und hier ist sein Mensch zuständig. Der Mensch beschützt, füttert, spielt und – er quietscht auch, wenn der Welpe mit seinen spitzen Milchzähnen zu fest zubeißt!

Wenn der Mensch das Quietschen benützt, um dem Hund zu signalisieren, dass er zu grob ist, entwickelt sich eine wünschenswerte Beißhemmung.

Aus dem Grund sind quietschende Spielzeuge in dieser „Kleinkind- Zeit“ auch nicht empfehlenswert!

Weiter geht der Sozialisierungsprozess in Welpen- und Junghundegruppen:
Beim Spielen wird die Rangordnung innerhalb einer Gruppe festgelegt und in verschiedenen Situationen wird erlernt, wann es genug ist. Der Trainer oder der Hundebesitzer muss hier immer rechtzeitig eingreifen bevor es zu Mobbing-Verhalten kommt, also mehrere Hunde sich gegen einen zusammenrotten.

Die Erfahrung des Hundes sollte ihm immer vermitteln, dass sein Mensch die Kontrolle hat! Wenn dein Hund leinenaggressiv ist, oder generell aggressiv auf andere Hunde reagiert dann hat er in der Pubertät vielleicht schlechte Erfahrungen gemacht und ist nun vorsichtshalber lieber der Erste, der zubeißt!

Oft hört man von Hundehaltern den Satz: „Die machen sich das schon untereinander aus.“

Aber Hunde einzuschätzen, die man nicht kennt und über deren Vorgeschichte man nichts weiß, ist unmöglich. Ich empfehle dir also dringend, es nicht auf einen „Hundekampf“ ankommen zu lassen. Besonders ein angstaggressiver Hund wird dir dafür dankbar sein, wenn du die Kontrolle behältst und ihm nicht seinem „Feind“ auslieferst. Beobachte die Gruppe und greif ein, bevor es wirklich ernst wird. Nur so gibst du deinem Hund das Gefühl, dass du Gefahrensituationen regelst. So lernt er, sich zu entspannen und die Führung gemeinsam mit der Verantwortung an dich abzugeben.

Vielleicht kennst du die Vorgeschichte deines Hundes gar nicht, hast ihn zu dir genommen, als viele Lernprozesse schon abgeschlossen waren. Oder du hast selbst Fehler gemacht, weil du nicht gut informiert warst. Wie es auch dazu gekommen ist: du hast einen aggressiven Hund zu Hause, der sich nicht wunschgemäß verhält. Und da ist es erst mal wichtig, zu unterscheiden, welcher Gruppe von aggressiven Hunden deiner angehört.

Wir unterscheiden den „Angstbeisser“ und den „Dominanzbeisser“. 

Eines haben beide Aggressionstypen gemeinsam: sie fühlen sich von Situationen überfordert, in denen die Unterstützung ihres Menschen fehlt.

Anders gesagt: Der Hund glaubt, selbst die Führung übernehmen zu müssen, wenn er seinen Menschen als schwach und in seinem Verhalten nicht klar genug wahrnimmt! Es geht also darum, dem Hund diese Führungsrolle wieder abzunehmen und ihm zu vermitteln: Du sollst ausschließlich die Aufgaben erfüllen, die ich dir zuteile, ansonsten brauchst du dich um nichts zu kümmern!

Mögliche Aufgaben können sein:
Auf den Platz gehen, Blickkontakt zu dir herstellen, kleine Kunststücke oder Handlungen ausführen, die das Gehirn deines Hundes beschäftigen und für die er gelobt und bestätigt wird.

Fehlt aber das Verstehen und Ausführen einfacher Befehle, durch deren Wiederholung immer und immer wieder deine Führungsrolle gefestigt wird, glaubt der Hund, es liege an ihm, sich selbst, sein Futter, dich, alle dem Haushalt angehörenden Personen und alles, was er noch als „seins“ einordnet, zu verteidigen. Denn wenn du nicht ständig bestätigst, dass Du der Chef bist, wer bleibt dann noch? Natürlich, der Hund selber!

  • Triffst du Freunde nur noch an öffentlichen Plätzen, weil dein Hund niemanden in die Wohnung lässt?
  • Knurrt und springt dein Hund auf der Strasse fremde Menschen oder Hunde an, die ihm aus irgendeinem Grund unheimlich sind?
  • Hat dein Hund Stress im Umgang mit Kindern?
  • Schnappt er auch mal ohne Vorwarnung?
  • Liegt er auf der Lauer und greift dann plötzlich an?
  • Fixiert er andere Hunde mit starrem Blick statt sich (wie „höfliche“ Hunde es tun) wegzudrehen?

Falls du auch nur eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten musst, kannst du davon ausgehen, dass Arbeit auf dich wartet! Denn dein Hund hat beschlossen, dass du ihm in Gefahrensituationen keine grosse Hilfe bist und er nimmt die Sache selbst in die Pfote nehmen muss!

Je früher du solches Fehlverhalten korrigierst und in andere Bahnen lenkst – kurz: „Stressmanagement“ betreibst – umso besser!

Hier sind einige Möglichkeiten, deinen Hund zu ent – spannen:

  • Großräumiges Ausweichen, wenn euch ein potenzieller „Feind begegnet.
  • Blickkontakt zwischen dir und deinem Hund herstellen (siehe Übungen)! Loben und belohnen, wenn es trotz Nähe zum „Feind“ funktioniert!
  • Einen Rückzugsort anbieten, falls Fremde in der Wohnung (seinem Revier) ihm Stress verursachen. Er muss deine Freunde akzeptieren, aber er muss ja nicht Teil des Unterhaltungsprogramms sein! Nimm den Hund also „aus dem Spiel“ und lob ihn, wenn er sich an dem ihm zugewiesenen Platz beruhigt und entspannt.

Ich glaube nicht, dass „aggressiv“ eine Charaktereigenschaft ist!

Kein Hund wird aggressiv geboren!

Viele Menschen können allerdings ihre Hunde nicht richtig „lesen“, übersehen deshalb die ersten Anzeichen von bedenklichen Verhaltensmustern und holen sich erst Hilfe, wenn die Situation außer Kontrolle geraten ist – der Hund also immer wieder mit Aggression reagiert, weil er keine Alternative sieht.

Auch die als grundsätzlich gefährlich eingestuften „Listenhunde“ werden vielfach zu Unrecht verdammt: Die Haltung solcher Hunde, die allein durch ihre körperlichen Gegebenheiten viel Schaden anrichten könnten, erfordert naturgemäß viel Wissen und Einfühlungsvermögen.

Ein gut erzogener, souveräner Pitbullterrier kann viel umgänglicher sein als ein zum Neurotiker „erzogener“ Labrador.

Schlecht informierte, unaufgeklärte Hundebesitzer können also bei Hunden aller Rassen pathologisches, „auffällige“ Verhalten bewirken.

Natürlich ist es besser, sich schon Hilfe zu holen, bevor es so weit ist –  eine Kurskorrektur ist aber mit etwas gutem Willen und Durchhaltevermögen immer möglich! Ich habe schon oft erlebt, wie Hundebesitzer sich aus schwierigen Situationen erfolgreich heraus – manövrieren!

Also: Gib deinem Hund Aufgaben! Bleib konsequent! Und bleib dran!

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